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Weinfuzziausflug nach Winningen

Ich bin das zweite Mal in Winningen. Letztes Jahr, bei einem Familienausflug in Koblenz, schnappte ich meine Lieben und wir verbrachten 1,5 Stunden bei Heymann-Löwenstein. Beim Einfahren in den Ort packte mich der Anblick der mächtigen Lage Röttgen, die wie eine riesige Festung über der Mosel thront. Natürlich waren auch die Heymann-Löwenstein Weine top, keine Frage, und da Winningen im wahrsten Sinne ein richtiges Winzernest mit sehr vielen interessanten Typen ist, beschloss ich damals, auf jeden Fall wiederzukommen. 

Gesagt, getan. Dieses Mal zwei meiner Weinfuzzis im Gepäck fuhren wir wieder von Koblenz aus mit Ziel Richtung Winningen, Materne & Schmitt und Madame Flöck standen auf dem Programm. Und wieder dieser Röttgen, der uns empfängt, beeindruckend. Ortsbenchmark. Janina Schmitt erwartete uns im Verkostungsraum und wir durften die ganze Range der beiden verkosten, beschränkten uns aber auf den Jahrgang 2021. Die Weine hatte ich zum ersten Mal 2019 im Glas und in dieser Zeit war der Hype um das Weingut recht groß, damals waren sie bei Lobenberg gelistet und in einigen Podcasts besprochen, aber in letzter Zeit hatte ich nicht mehr so viel  gehört und auch im Internet sind die Weine gefühlt weit weniger präsent als noch vor ein paar Jahren. Auf der aktuellen Preisliste stehen die Jahrgänge 2020 und 2021, auch eher ungewöhnlich für 2024, aber dem Weingenuss sicher zuträglich, denn etwas Reife tut den Weinen gut. Zeit für einen Besuch also.

Wir starteten mit dem Wunschkind, ihrem Einstieg, der sich im Jahrgang 2021 extrem karg, leicht und säurebetont zeigte, mit ausgeprägter Kräuteraromatik und sehr linear. 

Die drei Ortsweine des Weinguts verkosteten wir in der Reihenfolge Winninger, Lehmener und Kobener, alle drei in sich ruhende Weine mit unterschiedlichem Charakter und Gemeinsamkeiten. Feine Ortsweine, unaufgeregt, hefegeprägt und mit feiner Phenolik. Das Feine ist sicherlich dem kühlen Jahr 21 geschuldet, aber steht den Weinen ausgesprochen gut. Der Winninger wirkt für mich am offensten und frischesten, eher verspielt, mit toller Würze und schönem Saft, wäre es eine Farbe würde ich es mit hellgrün, blau assoziieren (Hab vor kurzem Teschs Lagenbox probiert und bin etwas farbgeschädigt). Der Lehmener wirkt offen, herbal, hier habe ich eher das geöffnete Senfgurkenglas, kräutersudig, wie ich es in dem Jahrgang 2019 häufig hatte, er wirkt etwas wärmer und trotzdem spritzig, insgesamt aber tiefer und stabiler, auch mit sehr schönem Zug und salzig.  (Farbassoziation eher gelb/ocker, ich zieh´s jetzt durch). Der Kobener kommt mir von den Dreien am gereiftesten vor, auch am kompaktesten, erdigsten und am mineralischsten. (Farbe:Orange).

Wir probieren noch die Lagen Winninger Hamm, Lehmener Lay und Winninger Bruchstück, und die Lagen zeigen noch einmal mehr Tiefe und Konzentration, bei aller Leichtigkeit, Saftigkeit und Eleganz. 

Alle Weine in diesem Flight sind Puristen, nicht aufdringlich oder expressiv, eher intensiv und eindringlich, etwas zum Entdecken und trotzdem trinkig und nicht sperrig, eine sehr gute Kombi.  

Weniger von der Frucht geprägt punkten für mich die Weine mit ihrer Kräuterwürze, der feinen Phenolik und dem schönen Saft und natürlich mit ihrer Individualität.  Alle werden spontanvergoren und außer  geringer Schwefelzugabe dürfen die Weine so sein, wie sie sind. Individuen eben. Gewachsen auf extremem Terrain. Wildheit eingepackt in Eleganz. Man muss schon Idealist sein, um diese Weine zu machen. Danke dafür. 

Ich würde die Weine aus einem großen Glas genießen, nicht zu kalt, am besten mit Zeit, denn sie sind sehr beschäftigungswürdig. Ich mag das sehr. Und natürlich komme ich wieder. Und selbstverständlich sollten die Weine und das Weingut wieder mehr in den Fokus der Nerds  und Weinliebhaber geraten, wo sind denn all die Podcaster und Journalisten der Republik?

Liebe Janina, ein herzliches Dankeschön für deine Leidenschaft, diese tolle Probe, deine Zeit, die aufgemachten Flaschen, ich weiß, das ist nicht selbstverständlich. 

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